Ich bin ja ein großer Fan von “Die Lochis”. Roman und Heiko gehören für mich zum besten, was Youtube-Deutschland in den letzten zehn Jahren hervorgebracht hat. Jetzt hören sie mit Youtube auf. Das ist auch ein Signal für die Bedeutung der Plattform: Jugendkultur wird längst woanders gemacht.
Ich habe Die Lochis richtig kennengelernt, als ich von 2013 bis 2015 zwei Jahre als Pressesprecher bei Mediakraft war. In der Youtubeszene waren die beiden schon damals ein Phänomen. Künstler wie Y-Titty, AlexiBexi oder Freshtorge hatten sich zu der Zeit schon einen Namen gemacht. Heiko und Roman waren wahrscheinlich die ersten in Deutschland, die auf Youtube erfolgreich wurden, in dem sie als Kinder ihren Vorbildern nacheiferten. Sie wollten, wie tausende Kids nach ihnen, “Youtuber” werden. Das Besondere bei den Zwillingen: Schon damals haben sie das, was viele als Träumerei abgetan hätten, durchgezogen.
Die Lochis: Zwei nervige, kleine Brüder
Zwei nassforsche 13-Jährige, die mit Songparodien und lustigen Sketchen erkennbar das kopierten, was Stars wie Y-Titty oder Die Aussenseiter vorgemacht hatten: Kein Wunder, das die Lochis auch in der Szene nicht immer beliebt waren. Für die meisten “großen” Youtuber waren die Lochis wohl sowas wie die nervigen, kleinen Brüder, die man zum Treffen mit den Kumpels mitnehmen muss, weil Mama einen dazu gezwungen hatte. Beirren lassen haben sich Heiko und Roman davon nicht. Auch, weil sie Eltern haben, die ihre Kinder bei ihrer Karriere immer unterstützt haben. Und dafür gesorgt haben, dass Freunde, Schule und Sport nicht gänzlich auf der Strecke blieben, als die ersten Erfolge kamen. Die Lochis lebten eine Kindheit im Netz, ohne dabei, wie so manch anderer Social-Media-Star, völlig durchzudrehen.
Im Sommer 2013 schrieben sie darüber ihren ersten Hit: In “Durchgehend Online” verarbeiteten sie das Lebensgefühl einer Generation, die ein Leben ohne Internet nicht mehr kennt, und für die Youtube zum Dreh- und Angelpunkt einer neuen Jugendkultur wurde. Song, Performance und Beat holperten noch mächtig mit Textzeilen wie “Mein Tagesablauf ist sehr klein…”. Aber irgendwie traf der Song einen Nerv. Und er ließ das gewaltige Ohrwurm-Potenzial von Heiko und Roman erkennen. Im Mediakraft-Büro lief “Durchgehend Online” bei seinem Erscheinen jedenfalls in der Endlosschleife; ja, es war auch für uns Mitarbeiter nicht immer einfach. Mit fast 25 Millionen Aufrufen ist der Song nach wie vor das zweiterfolgreichste Youtube-Video der Lochis ever.
Medienprofis bei der Arbeit
Ich hatte mit den Lochis immer dann zu tun, wenn Medienanfragen reinkamen. Und das waren nicht wenige. Von den Radiosendern wurden die Jungs noch ignoriert. Doch TV- und Printmagazine hatten die Lochis längst als Vorzeige-Youtuber entdeckt. Die Lochis kamen buchstäblich aus ihrem Kinderzimmer, hatten inzwischen eine riesige Fangemeinde, und – das Allerbeste – für Erwachsene war der Appeal der pubertären Sketch- und Challengevideos der Lochis in keinster Weise nachvollziehbar. Es war leicht, sich über die Videos und die Musik der Lochis lustig zu machen. Erwachsene, und allen voran Journalisten, neigen gerne mal dazu, die Leistungen von Kindern nicht ernstzunehmen und zu unterschätzen. Dabei hatten die Lochis schon im Alter von 15 Jahreneine Reichweite, die die der meisten etablierten Medien bei Weitem übertraf.
Was ich schon damals absolut bemerkenswert fand: Mit welcher Professionalität und Selbstverständlichkeit die Lochis den Medien begegneten. Die Lochis teilten anscheinend ihr ganzes Leben im Netz. Und schafften es doch, die Kontrolle über das zu behalten, was tatsächlich an die Öffentlichkeit gerät. Diese Professionalität zeigten sie auch in allen anderen Bereichen ihres künstlerischen Schaffens. Das hat sich auch auf Youtube nicht geändert: Erfolg kommt nicht von alleine. Und nur die, die am härtesten arbeiten, kommen auch an die Spitze. Journalisten, die Youtube für Kinderquatsch hielten, habe ich immer die Lochis als Interviewpartner empfohlen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen.
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