Die Weltgesundheitsorganisation hat vor wenigen Wochen “Computerspielsucht” offiziell als psychische Störung anerkannt. Das Thema “Gaming” ist in vielen Haushalten ein großes Thema. Die meisten Eltern finden wahrscheinlich, dass ihre Kinder zu viel zocken und haben vielleicht sogar Angst davor, ihr Kind könnte tatsächlich süchtig nach Games werden. In diesem Newsletter möchte ich dir erklären,
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was die WHO-Entscheidung bedeutet.
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wie ich mit Gaming zu Hause umgehe.
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warum ich finde, dass Eltern mehr zocken sollten.
Machen Games krank?
Seit einigen Wochen ist “Gaming Disorder” offiziell eine Suchterkrankung. Unter dem international gültigen Code 6C51 steht Computerspielsucht jetzt als psychische Erkrankung im Internationalen Katalog von Erkrankungen der WHO, dem ICD (International Catalogue of Diseases). Die WHO-Entscheidung ist durchaus umstritten. Natürlich sind Computerspielehersteller wie EA oder Ubisoft nicht so begeistert davon, dass ihre Produkte jetzt offiziell als “krankmachend” gelten. Aber Zigarettenhersteller erzählen ja auch bis heute, Rauchen würde keinen Lungenkrebs verursachen. So weit, so normal.
Aber auch Mediziner, Suchtexperten und Forscher sind sich nicht einig. Es gibt Psychologen, die zu viel Gaming eher als Symptom einer Depression oder anderer psychischer Krankheiten sehen, und nicht als eigenständige Krankheit.
Trotzdem ist es gut, dass die WHO diese Entscheidung getroffen hat. Denn das bedeutet zwei Dinge.
- Die Krankheit kann jetzt weltweit einheitlich erforscht werden. Dabei könnte übrigens auch rauskommen, dass die vermeintliche Krankheit keine ist. Zum Beispiel war auch Homosexualität lange auf der Liste psychischer Störungen und wurde erst 1970 aus dem Krankheits-Katalog entfernt (Jep, auch die WHO liegt ab und zu ziemlich krass daneben).
- Die Mitgliedsstaaten der WHO, auch Deutschland, sind jetzt dazu verpflichtet, ihre Bevölkerung vor dieser Krankheit zu schützen. Das kann zum Beispiel durch Aufklärung, Warnhinweise oder Verbote passieren.
Game oder Glücksspiel?
Ein Beispiel, wie das aussehen kann, sind die sogenannten “Loot-Boxen”. In vielen Spielen gibt es solche Boxen zu kaufen. Die Spieler können damit neue oder verbesserte Ausrüstung, zusätzliche Inhalte oder Erweiterungen erwerben. Üblicherweise weiß man aber nicht, was genau in der Lootbox drin ist. Es ist das Prinzip “Wundertüte”. Und besonders Kinder und Jugendliche sind anfällig dafür, ihr ganzes Taschengeld (oder mehr) in diesen In-Game-Käufen zu versenken. In Belgien und den Niederlanden gelten Lootboxen inzwischen als illegales Glücksspiel. In Deutschland, entgegen der Empfehlung vieler Suchtexperten, (noch) nicht. Aber Deutschland ist ja auch eines der wenigen EU-Länder, das noch Zigarettenwerbung erlaubt.
Das Beispiel zeigt: Man kann Dinge tun, um Spieler vor schädlichen Einflüssen tun, ohne gleich die gesamte Spieleindustrie zu verdammen.
Spiel-Regeln
Ich spiele selber viel und gerne Computerspiele, manchmal allein, aber immer öfter gemeinsam mit meinen Kindern. Bei uns gibt es einen Nintendo 3DS und eine Switch. Auf beiden Geräten können die Kinder eine kleine Auswahl von geeigneten Spielen spielen. Die Spielzeit haben wir vorher festgelegt. Ich versuche, so viel möglich dabei zu sein und mit den Kindern zu zocken. Hier drin liegt für mich der Schlüssel zum richtigen Umgang mit Computerspielen im eigenen zu Hause. Es sollte immer ein gemeinsames Erlebnis sein, an dem alle Familienmitglieder Spaß haben.
Übrigens: So gut wie nie lasse ich Kinder auf meinem eigenen Smartphone spielen! Kinder sollten die Geräte der Eltern nicht als Spielkonsole wahrnehmen. Finde ich…
Das allerwichtigste ist für mich: Auch Eltern sollten zocken! Ein gemeinsamer Abend mit Minecraft, Mario Party oder Singstar kann ein ebenso erfüllendes Familienerlebnis sein, wie gemeinsam einen Film zu gucken (was übrigens viel passiver ist als ein Computerspiel) oder eine Runde Siedler zu spielen.
Wenn Eltern mit ihren Kindern zocken,
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geben sie Kindern das Gefühl, das Gaming akzeptiert ist.
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erkennen sie die Leistungen von Kindern bei Computerspielen an.
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bauen sie beim Kinder Vertrauen im Umgang mit dem Medium auf.
Diese Dinge sind für mich die Grundlage, um gemeinsame Regeln für den Umgang mit Computerspielen aufzustellen. Denn die braucht es natürlich. Aber wer wie lange was auf welchem Gerät spielen darf, lässt sich viel leichter entscheiden und diskutieren, wenn das Thema auf Augenhöhe besprochen wird.
Ich glaube, auf diese Weise lernen Kinder am besten, wie sie verantwortungsvoll mit Computerspielen umgehen können. Denn sie lernen es von den Personen, zu denen sie das größte Vertrauen haben: Ihren eigenen Eltern. Und bessere Suchtprävention kann es nicht geben.
Wie viel zocken ist zu viel?
Wer herausfinden möchte, ob man selber oder der/die Partner*in zu viel an der Konsole hängt: Auf der Seite der aus Kanada stammenden Initiative “Game Quitters” gibt es einen Selbsttest zum eigenen Spielverhalten. Wer diesen absolviert, lernt auch gleich etwas über die Kriterien, an denen man erkennen kann, ob jemand zu viel zockt. Dazu gehören
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Probleme, mit dem Spielen aufzuhören,
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Vernachlässigen von Freunden und Freizeitaktivitäten,
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Zocken statt auf die Arbeit oder in die Schule zu gehen.
Ich selber erfülle übrigens 2 von 9 der möglichen Anzeichen.
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