“No, the journey doesn’t end here. Death is just another path. One, that we all have to take.” (Gandalf, the White)
Gestorben wird immer, aber der Tod ist nicht das Ende. Zumindest nicht in der Popkultur, dem Mythenschatz der Moderne. Ganz so wie die Helden antiker, biblischer oder anderer, mythologischer Erzählungen es immer wieder schaffen, dem Totenreich zu entfliehen, schlagen auch die Protagonisten heutiger Sagen und Geschichten dem Schicksal immer wieder ein Schnippchen. Das freut natürlich die Fans von John Snow, Mr. Spock und anderen prominenten TV-Wiedergängern. Doch für die Erzähler der Geschichten können die Wiederbelebungsmaßnahmen durchaus zum Spannungskiller werden: Wenn nicht einmal mehr der Tod eine Bedrohung ist, welche Konsequenzen haben unsere Helden dann überhaupt noch zu fürchten?
Die aktuelle Folge von Star Trek: Discovery löst dieses auch als Dragonball-Dilemma bekannte Problem auf eine ganz einfache Weise: Die Rückkehr eines beliebten, aber eigentlich verblichenen Charakters aus Staffel Eins wird in ein derart verwirrendes, pseudowissenschaftliches Palaver verkleidet, das man sich als Zuschauer denkt: “OK, ihr habt’s getan. Jetzt tut es bitte nie wieder und wir vergessen die Sache einfach. Den Arzt dürfen wir trotzdem behalten.” So, wie sich Stamets, Tilly und Burnham in dieser Folge im Mycelial-Network verlieren, steht auch Discovery kurz davor, sich in seinen diversen Handlungssträngen zu verzetteln. Nach wie vor schweben der weiterhin renegate Spock und sein mysteriöser Red Angel als übergreifender Handlungsbogen über allem, was auf der Disco passiert. Fortschritte werden an dieser Front allerdings seit ein paar Folgen nicht mehr gemacht. Die Spock-Story fühlt sich inzwischen an wie ein Scherz-Portemonnaie, das immer wieder weggezogen wird, sobald sich jemand danach bückt.
Fan Service statt Storytelling
Außerdem scheint es, als hätten die Drehbuchautoren für diese Staffel den Auftrag bekommen, ein paar der ganz verrückten Dinge aus Staffel Eins zu korrigieren. glatzköpfige Klingonen, fortschrittliche Hologramm-Kommunikation, ultramächtiger Sporenantrieb: Die Liste der Dinge, mit denen der im turbulenten Produktionsprozess geschasste Showrunner Bryan Fuller den durchschnittlichen Star Trek-Troll auf die Palme gebracht hatte, ist lang. Für Staffel Zwei ist offenbar Fan Service Trumpf, und so wird fleißig versucht, für alle Widersprüchlichkeiten nachträglich eine Erklärung herbei zu schreiben. Schöner wäre es freilich, die Macher würden sich auf die Stärken der Serie konzentrieren und die Story weiterentwickeln. Schließlich gibt es nach wie vor viel, was an Discovery unglaublichen Spaß macht.
Der Schulausflug ins Mycelial Network von Stamets, Tilly und Burnham, der im Zentrum von “Saints of Imperfection” steht, ist zwar hart an der Grenze zu einem Fantasy-Trip ins Elfenreich von Mia and Me. Die daraus resultierenden Charaktermomente sind freilich sehr stark. Tilly und Burnham haben eine Reihe von gelungenen Szenen, die ihre besondere Freundschaft unterstreichen. Viel Zeit haben die beiden in dieser Staffel noch nicht zusammen verbracht. Es tut gut, sie mal als dynamisches Duo zu erleben. Genauso war es an der Zeit, Anthony Rapp als Stamets endlich mal im wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Und Pike zeigt Führungsstärke als Captain, als er das Leben der ganzen Crew riskiert, um ein Mannschaftsmitglied zu retten. Die eigenen Leute zu überzeugen erweist sich dabei als die ungleich leichtere Aufgabe. Doch auch die ominöse Sektion 31 will plötzlich im Spock-Game mitmischen. Was dazu führt, dass zwischenzeitlich drei verschiedene Captains der Meinungs sind, plötzlich die Ansagen auf der Brücke machen zu müssen.
Alpha Männer an der Kette
Die Wortgefechte und Täuschungsmanöver zwischen Pike, Georgiou und 31-Sektionschef Leland um das Ende der Befehlskette sind ebenso spannend wie unterhaltsam und der eigentliche Höhepunkt dieser Episode. Insbesondere, da die Folge auch für diesen Machtkampf einen sehr schönen Twist bereithält. Hugh Culber ist jedenfalls nicht der einzige, der sein Discovery-Comeback feiert. Und die Alpha-Männer müssen einmal mehr lernen, dass in diesem Star Trek-Universum kein Platz für ihre Potenzrituale ist.
Das Set-Up für Staffel Zwei ist jetzt hoffentlich abgeschlossen. Die alte Gang ist am Ende dieser Folge nahezu vollständig wieder vereint. Fehlt eigentlich nur einer: Doch für einen gewissen, maliziösen Captain scheint jede Hoffnung auf Rückkehr ausgeschlossen. Aber wer weiß, was Discoverys Superpilze noch für Überraschungen in petto haben. Um mal in der nebulösen Metapheritis von Discovery zu bleiben: Da sind schon ganz andere von der anderen Seite des Styx zurückgekehrt.
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